Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Kündigung 2 Mann GbR

Kündigung einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus wichtigem Grund

BGB 723 I, 242 Eine zweigliedrige GbR kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem kündigenden Gesellschafter nach der Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht zumutbar ist. Die Frage der Zumutbarkeit kann nicht ohne Berücksichtigung der beiderseitigen Verhaltensweisen der Gesellschafter beantwortet werden. Dies gilt bei wechselseitigen Kündigungen auch dann, wenn das vorangegangene Fehlverhalten des kündigenden Gesellschafters nicht so schwerwiegend ist, dass es die fristlose Kündigung seines Mitgesellschafters rechtfertigt.

Die unwirksame fristlose Kündigung eines Gesellschafters kann nicht als wichtiger Grund für die Kündigung des anderen Gesellschafters bewertet werden, ohne dessen vorangegangenes Fehlverhalten in die Gesamtabwägung einzubeziehen. Veranlasst ein Gesellschafter die Bauaufsichtsbehörde gegen seinen Mitgesellschafter einzuschreiten, der auf dem Gesellschaftsgrundstück

BGH: Kündigung einer zweigliedrigen GbR aus wichtigem Grund (NJW-RR 323
2006, 322)

das genehmigte Bauvorhaben ausführt, obgleich die Baugenehmigung wenige Wochen zuvor infolge Zeitablaufs erloschen war, ist sein Vorgehen nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil das von ihm initiierte Verwaltungshandeln rechtmäßig ist.

BGH, Urteil vom 21. 11. 2005 - II ZR 367/03 (OLG Schleswig)

Kündigung 2 Mann GbR

Der Fall: Die Parteien, Gesellschafter einer zweigliedrigen Grundstücks-GbR, streiten darüber, wer von ihnen auf Grund wechselseitig erklärter fristloser Kündigungen aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Gleichzeitig machen sie im Wege der Klage und Widerklage Ansprüche aus der Auseinandersetzung der Gesellschaft geltend. Die Parteien nutzen als GbR ein ca. 8000qm großes Grundstück auf der Insel S. In 7 des Gesellschaftsvertrags vom 10. 11. 1989 ist jedem Gesellschafter eine Grundstücksteilfläche zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen, der Kl. zum Betrieb eines Gartenbauunternehmens, dem Bekl. zur Errichtung eines Wohnhauses. Der Gesellschaftsvertrag enthält in 10 I für den Fall der ordentlichen, in 10 III für den Fall der fristlosen Kündigung eine Fortsetzungsklausel. Anders als bei der ordentlichen Kündigung scheidet im Fall der fristlosen Kündigung der Gesellschafter aus, gegen den sich die Kündigung richtet. Der Ehemann der Kl. errichtete auf dem Grundstück der Gesellschaft mit einem Gesamtaufwand von 1,5 Mio. DM die geplante Betriebsstätte; der Bekl. machte von der im Dezember 1993 erteilten Baugenehmigung für sein Bauvorhaben zunächst keinen Gebrauch. Ab Januar 1996 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern. Der Ehemann der Kl. widerrief im Juli 1996 die dem Bekl. gegenüber der Unteren Bauaufsichtsbehörde erteilte Architektenvollmacht zur Durchführung der Bauvorhaben auf dem Gesellschaftsgrundstück, ohne dass der Bekl. hiervon in Kenntnis gesetzt wurde. Im Januar 1997 teilte die Untere Bauaufsichtsbehörde der Kl. mit, die Genehmigung für das Bauvorhaben des Bekl. sei erloschen, und ordnete im Februar 1997 die Einstellung der Bauarbeiten an. Die Kl. wandte sich wegen dieses Sachverhalts mehrfach an den Bekl. und behielt sich die Kündigung der Gesellschaft vor. Unter dem 21. 2. 1997 kündigte der Bekl. den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Die Kl. wies die Kündigung zurück und erklärte ihrerseits am 25. 2. 1997 die fristlose Kündigung des Gesellschaftsvertrags. Mit Anwaltsschreiben vom 18. 3. 1997 sprach sie erneut die fristlose Kündigung aus. Die Rechtmäßigkeit der Baueinstellungsverfügung wurde durch Urteil des VG Schleswig vom 31. 1. 2001 rechtskräftig bestätigt.

Mit der Klage hat die Kl. die Feststellung begehrt, dass der Bekl. auf Grund ihrer Kündigung vom
25. 2. 1997, hilfsweise ihrer weiteren Kündigung vom 18. 3. 1997, aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Hilfsweise hat sie den Ausschluss des Bekl. aus der Gesellschaft sowie die Feststellung beantragt, dass die Kl. durch die Kündigung des Bekl. nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde, und ferner den Bekl. auf Herausgabe der ihm zur Nutzung zugewiesenen Grundstücksteilfläche sowie auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs in Anspruch genommen. Mit der Widerklage hat der Bekl. von der Kl. Herausgabe der von ihr genutzten Grundstücksfläche, Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs und Zahlung von Nutzungsentschädigung verlangt, ferner die Feststellung der weiteren Zahlungsverpflichtung der Kl. bis zur Räumung des Grundstücks begehrt. Er hat unter Beweisantritt behauptet, die Bauaufsichtsbehörde sei auf Drängen der Kl. und ihres Ehemanns eingeschritten, die der Bauverwaltung zur Dokumentation eines verzögerten Baubeginns Lichtbilder zur Verfügung gestellt hätten, um die Verwirklichung seines Bauvorhabens zu verhindern. Nachträglich hat er seine Kündigung auch auf diesen Sachverhalt gestützt.

Das LG hat - ohne über die Widerklage zu entscheiden - durch Teilurteil festgestellt, dass der Bekl. auf Grund der fristlosen Kündigung der Kl. vom 25. 2. 1997 aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Die Berufung des Bekl. war erfolglos. Dagegen wendet sich der Bekl. mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Die Revision des Bekl. hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.

Aus den Gründen:

[9]I. Das BerGer. ist der Ansicht, die Kündigung des Bekl. sei unwirksam. Es liege kein wichtiger Grund vor.

Dies gelte angesichts des belasteten Verhältnisses der Parteien auch für die Kündigung der Architektenvollmacht, mit der keine nachteiligen Folgen für den Bekl. verbunden gewesen seien. Auf den Vortrag des Bekl., die Bauaufsichtsbehörde sei auf Veranlassung der Kl. und ihres Ehemanns eingeschritten, die der Bauverwaltung zur Dokumentation eines verzögerten Baubeginns Lichtbilder vorgelegt hätten, um die Verwirklichung seines Bauvorhabens zu verhindern, komme es nicht an. Da die Rechtmäßigkeit der Stilllegungsverfügung nunmehr feststehe, hätten sich die Kl. und ihr Ehemann bei ihrem Tun im Recht glauben können. Dem Bekl. sei kein Unrecht geschehen.

[10]Demgegenüber sei die Kündigung der Kl. vom 25. 2. 1997 gerechtfertigt, weil der Bekl. fristlos gekündigt habe. Für seine Kündigung habe kein hinreichender Anlass bestanden, sie habe darauf abgezielt, der Kl. ihren Grundstücksanteil zu entziehen. Angesichts der existentiellen Bedeutung des Grundstücks für die Kl. und ihren Ehemann, der dort seinen Gartenbaubetrieb aufgebaut hat, sei ihr die weitere Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Bekl. bis zur nächsten Beendigungsmöglichkeit nicht zuzumuten gewesen.

[11]II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[12]1. Das angefochtene Urteil begegnet schon hinsichtlich der Beurteilung der Kündigung des Bekl. durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

[13]a) Zu Unrecht hat das BerGer. angenommen, dem Bekl. sei kein Unrecht geschehen, weil das Einschreiten der Bauverwaltung rechtmäßig war. Das Verhalten der Kl. stellt eine schwerwiegende Verletzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Pflichten dar, die geeignet ist, die für die Fortsetzung der Gesellschaft erforderliche Vertrauensgrundlage nachhaltig zu erschüttern. Es wird durch die Rechtmäßigkeit des von ihr gegen ihren Mitgesellschafter initiierten Verwaltungshandelns nicht gerechtfertigt. Die Ausführung von Bauarbeiten auf dem Grundstücksanteil des Bekl. wenige Wochen nach Erlöschen der Baugenehmigung infolge Zeitablaufs war nicht geeignet, schutzwürdige Interessen der Kl. zu beeinträchtigen oder fremde Rechtsgüter zu gefährden. Demgemäß erweist es sich schon bei der Beurteilung der Kündigung des Bekl. als verfahrensfehlerhaft, dass das BerGer. - obgleich es zu Recht davon ausgegangen ist, dass dieser Sachverhalt bei der Prüfung der Kündigung berücksichtigt werden muss - nicht festgestellt hat, ob die Maßnahmen der Bauverwaltung von der Kl. und ihrem Ehemann veranlasst und durch Übergabe von Lichtbildern mit dem Ziel gefördert wurden, dem Bekl. die Durchführung seines Bauvorhabens auf dem Gesellschaftsgrundstück unmöglich zu machen. Dies ist in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen.

[14]b) Die Kl. hat ferner ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht in erheblicher Weise verletzt, indem sie es zuließ, dass ihr Ehemann dem Bekl. die Architektenvollmacht auch entzog, soweit dessen eigenes Bauvorhaben betroffen war. Zudem hätte die Kl. - wie auch das BerGer. nicht verkannt hat - den Bekl. von diesem Vorgang jedenfalls unverzüglich unterrichten müssen.

[15]2. Selbst wenn diese Verhaltensweisen der Kl. und die ihr zuzurechnende Vorgehensweise ihres Ehemanns noch nicht so schwerwiegend gewesen sein sollten, dass dem Bekl. ein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft zumutbar blieb, durften sie bei der Überprüfung der fristlosen Kündigung der Kl. nicht - wie im angefochtenen Urteil geschehen - völlig unberücksichtigt bleiben. Die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Senat, NZG 2005, 843 = WM 2005, 1752 [1753]) zu klärende Frage, ob der Kl. nach der

BGH: Kündigung einer zweigliedrigen GbR aus wichtigem Grund (NJW-RR 2006, 322) 324

Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses zumutbar war, kann nicht ohne Berücksichtigung der beiderseitigen Verhaltensweisen beantwortet werden, wenn das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern zerstört ist (Senat, NZG 2005, 843 = WM 2005, 1752 [1753]; Senat, NZG 2002, 417 = ZIP 2002, 570 [571]). Unbedenklich konnte das BerGer. allerdings dem Umstand Rechnung tragen, dass die Folgen einer fristlosen Kündigung für die Kl. weit schwerwiegender sind als für den Bekl. Anders als der Bekl. verliert die Kl. mit ihrem Gesellschaftsanteil zugleich den auf dem Gesellschaftsgrundstück errichteten Betrieb und demzufolge die Existenzgrundlage ihrer Familie. Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falls - nach dem Gesellschaftsvertrag scheidet der ordentlich kündigendeGesellschafter bei Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch den anderen Teil aus der Gesellschaft aus - kann die Kl. nicht ohne weiteres auf die Kündigung der Gesellschaft zum nächst möglichen Termin verwiesen werden. Diesem Umstand wird das BerGer. im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung, wenn es in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren das Vorhandensein eines wichtigen Grundes feststellen sollte, besondere Aufmerksamkeit widmen müssen.

[16]Weiterhin ist es rechtsfehlerhaft, die Kündigung des Bekl. als wichtigen Grund für die fristlose Kündigung der Kl. zu bewerten, ohne deren vorangegangenes Fehlverhalten in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Wenn der Gesellschafter, der einem solchen Verhalten seines Mitgesellschafters ausgesetzt ist, fristlos kündigt, kann dies nicht die fristlose Kündigung des anderen Gesellschafters rechtfertigen. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann nicht ausgeschlossen werden, dass die gebotene Gesamtabwägung aller Umstände des Falls das Ergebnis hätte haben müssen, dass die Kündigung der Kl. nicht berechtigt war.

[17]3. Die Sache ist an das BerGer. zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen ergänzenden Feststellungen treffen und eine rechtsfehlerfreie Abwägung der Gesamtumstände vornehmen kann.
[18]Das BerGer. wird dabei zu prüfen haben, ob es den Verfahrensfehler des
LG, nur über die Klage, nicht aber über die nach seiner Ansicht unbegründete Widerklage zu entscheiden, dadurch behebt, dass es diesen Teil der Anträge an sich zieht (BGH, NJW 2000, 137 [138]). Der Erlass eines Teilurteils ist nur zulässig, soweit Teile des Streitverhältnisses nicht entscheidungsreif sind (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., 301 Rdnr. 2; Musielak, ZPO, 4. Aufl., 301 Rdnr. 8).

Quelle: beck-online - NJW-RR 2006, 322

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